Mit dem Crosser wäre man auf Kroatiens Strassen doch besser unterwegs als mit Carbon-Felgen am Rennrad 😉 Trotzdem – was für eine Istrien-Ausfahrt. Kroatien ist wirklich wunderschön um diese Jahreszeit. Andy und ich sind spontan für ein paar Tage nach Porec gefahren. Wir wohnen in einem großartigen Hotel direkt am Strand, mit reichlich Frühstücks- und Abend-Buffet. Im Vorfeld haben wir uns schon ein paar Routen zusammengestellt.Heute stand die Groznjan-Route in den Weinberger Istriens am Plan. Nach anfänglichen technischen Schwierigkeiten, waren wir gegen Mittag endlich am Weg in Richtung Livade.
Virtueller Partner am Garmin
Kennt ihr diesen Geister-Fahrer auf den Garmin Geräten? Wird auch bezeichnet als „virtueller Partner“ damit man seine Durchschnitts-Geschwindigkeit erreicht. Dieser Geister-Fahrer radelt die komplette Runde in beispielsweise 22 KmH egal ob bergauf oder bergab. Nun, wir hatten auch einen virtuellen Partner an unserer Seite. Andy justierte ihn und weg war er. Die ersten 30 Kilometer auf unserer Groznjan Ausfahrt gingen nämlich stetig bergauf. Nachdem wir mühsam eine Baustelle durchquert hatten ging es weiter nach Motovun. Ich merkte schon anfangs, dass Andy seinen virtuellen Partner unbedingt schlagen wollte und dachte mir, das wird sicher ein leichtes Unterfangen.
Rauf und Runter – Rauf und Runter
In Istrien geht alles irgendwie immer bergauf und bergab. Am seltensten fährt man einfach flach geradeaus. Das macht zwar riesen Spaß, doch irgendwann liegen die Nerven dann blank. Überhaupt, wenn man einfach nur noch nach Hause möchte. Wirklich ihr müsst euch vorstellen, ihr fahrt 500 Meter bergauf, 100 Meter flach weiter und dann 1000 Meter bergab und wieder dasselbe Spiel, in einer Tour. So geht das aber 30 Kilometer oder mehr. Das hat mich am Montag komplett frustriert.
Wir hatten uns bis nach Motovun hochgekämpft, um anschließend eine 10%ige Steigung über 400 Höhenmeter hinunter zu radeln und danach ging es wieder rauf von Livade nach Oprtalj weiter nach Groznjan. Dazu muss ich sagen, dass ich mich nie wieder über die Radwege in Österreich aufregen werde. Diese 10%ige Abfahrt war gespickt von Rissen, Schlaglöchern, Asphalt-Flecken und Ähnlichem. Meine Finger waren ununterbrochen nur am Bremsen und wir mussten sogar anhalten, weil ich keine Kraft mehr ZUM BREMSEN hatte. Soweit soll es mal kommen. Vor lauter Erschütterungen haben wir die Straße schon kaum mehr erkannt. Was für eine Abfahrt.
Wenn du selbst zum E-Bike wirst. Auf nach Groznjan.
Weiter zur Auffahrt nach Oprtalj. Also ich hatte schon am Vorabend Bauchschmerzen, wenn ich daran dachte in 6 Kilometern auf rund 500 Höhenmeter nach Oben zu radeln. Für mich ist das schon noch eine große Herausforderung, überhaupt mit meinem Asthma und vor allem in der Pollenzeit. Also habe ich meine Lunge entsprechend darauf vorbereitet. Wir sind von Livade losgestartet und hatten eine 10 Mann/Frau Gruppe auf E-Bikes vor uns. Was tut man wenn man E-Bike radelnde Wesen vor sich hat? Nun, man wird selbst zum E-Bike. Die E-Bike-Gruppe riss auseinander und Andy und ich holten einen nach dem anderen ein. Nachdem ich meinen ersten Fahrer überholt hatte, schaltete mein Kopf um und ich wollte mich nicht mehr überholen lassen. So spulte ich ein Tempo runter, mit dem ich noch nicht mal auf den Stotzinger hinauf gefahren bin. Andy immer so neben mir „Super Tini, gutes Tempo! Meine Mama würde auch nicht viel schneller fahren!“ Und den nächsten E-Biker überholt und so weiter und so fort. „Weiter Tini! Zieh weiter! Du hast eine tolle Umdrehungsgeschwindigkeit.“ quasselt Andy schon wieder neben mir. Ich hab mir nur so gedacht „Gott bitte, wann hat das ein Ende? I stiiiirb scho!“
Endlich näherte ich mich der letzten E-Bikerin. Die war nicht einmal verschwitzt. Ich musste noch einmal meine Geschwindigkeit erhöhen und schlich langsam an ihr vorbei. Ich waschel-nass geschwitzt und mit roter Stirn brachte noch ein „Hi“ raus und weg war ich. Wir konnten einen Vorsprung von 40 Minuten rausfahren. Das war schon toll. Andy meinte so: „Fühlst du dich wie bei der Tour de France?“ Ich antwortete: „Na, i glaub so langsam san de ned“ haha. Wir hatten wirklich großen Spaß. Ich überlegte sogar, die Ausfahrt nach Umag zu erweitern, aber zum Glück habe ich das nicht getan. Die Weinberge Istriens sind atmenberauben schön und Groznjan ist eine wunderbare Kleinstadt mit viel Charm. Ich bin froh, dass wir diese Naturschönheit Kroatiens durchqueren durften.
Garmin meldet Warnschild „Achtung Anstieg“
Ca. 20 Kilometer vor Porec genossen wir die Fahrt direkt am Meeres-Ufer. Es war traumhaft. 2 Meter entfernt vom Meer zu radeln macht wirklich Spaß. Doch lange wehrte dieses Glücksgefühl nicht. Mich verließen meine Kräfte. Wir bogen in eine kleine Gasse ab und plötzlich meldete unser Garmin-Radcomputer „Achtung Anstieg“. Das hatte er noch nie gemeldet. Was bedeutet das wohl? Ich ahnte Böses. Nach der Kurve erkannten wir wieso uns unser Garmin warnte. 14% Steigung und das elendig lang. Ich habe in die Pedale getreten und gemerkt, ich werde immer langsamer und langsamer. Meine Beine konnten da nicht rauf. Ich griff nach Andys Arm und platzierte seine Hand an meinem Rücken. Er musste mich schieben, ansonsten wäre ich wieder rückwärts runter gerollt. Es war der reinste Horror. Ich wollte einfach nur noch ins Hotel. Das am allerletzten Zipfel von Porec platziert war, direkt am Meer und Strand, ganz abgelegen. Andy vor mir gab noch immer Gas. Er wollte diesen virtuellen Partner unbedingt einholen! Ich dachte mir nur so „Junge! Juuunge! Junge! Langsam!“ Mehr brachte ich auch nicht mehr heraus. Der Tunnelblick war aktiviert und vor jeder Steigung holte ich noch einmal tief Luft.
Kroatiens Autofahrer
Das war ja noch lange nicht genug. Da kämpfst du mit deinen Kräften und siehst wieder einen Anstieg und weißt genau, nach dem Anstieg geht es wieder hinunter und dann gleich wieder hinauf und so weiter und so fort. Wir befanden uns jetzt auf einer stärker befahren Straße und wurden auf den letzten 15 Kilometern von 3 Autofahrern angehupt und geschimpft. Das macht je 5 Kilometer einmal hupen. Neuer Rekord. Was sich die Leute so aufregen können wenn man mal einem Schlagloch ausweicht oder einfach nur 70 Zentimeter neben dem Randstein fährt, nachdem sich alle 300 Meter ein Gulli befindet. Ich glaube die Menschen verstehen nicht so ganz, dass sie mit ihrer Art auch unser Leben gefährden. Du kannst dich bei Gegenverkehr nicht einfach vorbeizwicken. Eine einfache Rechnung: Eine Fahrbahn hat ca. 3 Meter und ein Auto ist zwischen 2-2,5 Meter breit. Wenn wir 70 Zentimeter bis 1 Meter der Fahrbahn einnehmen, bedeutet das, ihr müsst ausweichen. Ein Autofahrer hat so wild im Auto herumgefuchtelt, dass es schon wieder lustig war, im Nachhinein zumindest. Wie man sich so hineinsteigern kann. Das geht doch aufs Herz. Also lieber einen Gang runter schalten, 5 Sekunden warten und dann überholen. Da haben wir alle was davon, aber das ist doch ein anderes Thema, da scheiden sich wohl auch die Geister 😉
Vom virtuellen Partner geschlagen.
Leider konntne wir den virtuellen Partner diesmal nicht schlagen. Doch der musste ja auch nicht diese 12-14%igen Steigungen fahren. 22 KmH auf 100 Kilometer geradeaus schaffe ich auch. Fazit der Ausfahrt:
1500 Höhenmeter auf 100 Kilometern mit 3500 verbrannten Kalorien und einer fix und fertigen Tini. Zum Glück gabs am Abend reichlich Buffet. Die nächste Ausfahrt ist auch schon geplant. Liebe Grüße aus Porec, Tini und Andy.