Wie fang‘ ich denn am besten an. Nachdem ich seit Anfang Januar ja voll im Training bin, möchte ich ein paar wirklich ehrliche Worte mit euch teilen, denn auch für mich ist nicht immer alles „Friede, Freude, Eierkuchen“, aber wem sage ich das. Mein Körper machte schlapp. Selbst habe ich mir den Druck auf dividiert in großen Schritten voran zu kommen, doch dann wars irgendwann vorbei. Jetzt auch noch bei dem schönsten Wetter am Antibiotiker nehmen auf Grund eines grippalen Infekts. Rachenentzündung bei Sonnenschein – so ziemlich die härteste Challenge für das Radlerherz.
Mein Training, ja was ist denn damit?
Für mich persönlich ist das Training nach wie vor ein wichtiger Bestandteil meines täglichen Ablaufs. Über die Winterwochen hinweg bestand mein Alltag immer daraus um 7 Uhr in die Arbeit zu fahren – nach Hause zu kommen – mich umzuziehen – zu trainieren – zu duschen – etwas zu essen und schlafen zu gehen. Natürlich hat man nebenbei noch 100 andere Dinge im Kopf die man erledigen muss. Oft werden die Nächte daher sehr kurz, damit man alles unter einen Hut packen kann. Vor Mitternacht schlafen gehen, war ziemlich selten in den letzten Wochen. Prinzipiell war es ja nicht zu viel Training, doch nachträglich merke ich, dass es doch eine große Veränderung in meinem täglichen Ablauf bedeutete. Es war und ist eine Umstellung sich so konkret an einen fixen Trainingsplan zu halten. Das war mir bis dato nicht so richtig bewusst.
Der Alltags-Trott
Nicht nur, dass ich in der Arbeit mindestens 8 Stunden ins Computer-Kastl gestarrt habe, kam ich nach Hause und starrte während des Trainings im Keller ins Fernseh-Kastl und weil ich ja auch nebenbei Fotografiere, Blogge & Filme bearbeite oftmals anschließend wieder ins Computer-Kastl. So verging Tag für Tag und Woche für Woche. Saß ich nicht gerade im Keller am Indoor-Trainer, saß ich vor dem PC und arbeitete an neuen Beiträgen oder beschäftigte mich mit anderen privaten Themen, die auch gemacht werden mussten. Das Rad drehte sich, weiter und weiter, und ich kam mir vor als würde es sich immer schneller drehen.
Ich gewöhnte mich an das Training, doch es wurde zunehmend der Mittelpunkt meines Tages. Ich baute meinen Tagesablauf um das Training herum und nachdem ich sehr ehrgeizig bin, wollte ich den Trainingsplan auch so ausführen, wie es geschrieben stand. Am Morgen bimmelt schon dein Handy und erinnert dich, welche Trainingseinheit heute auf dich wartet.
Ich mag mein Training, nach wie vor, doch sukzessive bekam ich das Gefühl, keine Zeit für etwas anderes mehr zu haben als Arbeiten & Trainieren. Auch meine Eltern meinten an den Wochenenden oft „Lass das Training doch heute einmal ausfallen“ – aber in meinem Trainingsplan stand 2,5 GA1 lang, die musste ich also fahren, da gab es kein „NEIN“ für mich! Ich stellte das Training über alles, das Einzige wo ich eine Schonung bemerkte, war mein Bankkonto, da ich nicht mehr unnötig durch die Online-Shops surfte 😉
Durch die zu hohen Erwartungen..
Kaum wurde das Wetter etwas besser, versuchte mich Andy damit zu ködern, dass wir doch auch draußen unser Training absolvieren könnten. Das taten wir auch. Ich war voller Erwartung, dass ich doch irgendwie eine Veränderung spüren müsste. „Ist mein Asthma jetzt nicht mehr ganz so schlimm?“ „Kann ich jetzt auch Andy’s Windschatten sein ohne große Anstrengung?“ „Haben wir jetzt einen fixen 26er Schnitt bei jeder Ausfahrt?“ – Diese und noch mehr Gedanken gingen mir durch den Kopf, doch meine Erwartungen an mich selbst waren zu hoch.
..war ich schwer enttäuscht von mir selbst.
Ich sah keinen Fortschritt, keine Veränderung war spürbar. Das machte es mir nicht einfacher mich für 4h Einheiten am Wochenende auf der Walze zu motivieren. Irgendwas blieb auf der Strecke und das spürte ich. Bei meinem Lungenfacharzt dann noch die frohe Botschaft, dass er sich mein Lungenvolumen deutlich besser vorgestellt hätte, nachdem ich so viel trainiere. Also wieder ein herber Rückschlag für das Ego.
Ich war unzufrieden. Unzufrieden mit meiner Leistung, unzufrieden mit meinem Körper – einfach nicht mehr glücklich. Ich wollte weg von den elektronischen Geräten und der Walze im Keller. Der Winter ging mir so richtig auf die Nerven. So viele Gedanken und Aufgaben die mich derzeit beschäftigen und dann dieser straffe Zeitplan, den ich mir selbst unbewusst aufzwang aus Angst beim RAA zu versagen.
Die Angst, mein Begleiter.
Ich habe keine Erfahrung mit langen Distanz-Rennen wie der RAA-Challenge, überhaupt habe ich noch nie einen einzigen Marathon bestritten und ich weiß auch wieso. Meine Erwartungen an mich selbst sind viel zu hoch. Fahre ich wo mit, möchte ich gewinnen, nicht einfach „dabei sein“. Ich war schon immer eine Siegestype, denn Pokale funkeln so schön. Wenn ich mir also die Karenzzeiten der RAA-Challenge so ansehe und durchrechne wie schnell ich fahren muss um diese zu erreichen und zu sehen, wie schnell ich aktuell fahre, stresst mich das ungemein. Aktuell bin ich nicht sehr optimistisch. Schaffe ich das tatsächlich? Wenn ja – wie soll das gehen? Es sind nur noch 4 Monate bis zum Tag des Rennens. Habe ich mir zu viel zugemutet? Alle meinen – es ist halb so wild im Zweierteam – aber trotzdem sind wir 24h auf und müssen körperlich fit sein, damit alles reibungslos und schmerzfrei abläuft!
Warum sage ich euch das überhaupt?
Nun, viele fragen mich immer wenn sie mich sehen „Wie läuft das Training?“ oder sie sagen „Ich finde das beachtenswert wie du das durchziehst.“ Ja, ich wäre gerne noch bemerkenswerter und darum schreibe ich meine Gedanken nieder. Es hilft mir das abzuhacken, hilft mir weiterzukommen. Ein Blog ist ja nichts anderes als ein Tagebuch und ein Tagebuch hilft einem bekanntlich dabei, die persönlichen Geschehnisse zu verarbeiten. Auch wenn diesen Beitrag vielleicht nur 3 Personen lesen, reicht mir das vollkommen. Mir hilft es weiterzumachen.
Was ich euch mit diesen Gedanken irgendwie mitgeben möchte ist: ihr setzt eure Messlatte selbst. Setzt sie nicht zu hoch und akzeptiert, dass Veränderungen einfach Zeit brauchen. Sehr viel Zeit. 3 Monate Indoor-Training machen dich nicht auch Outdoor gleich so viel stärker wie du hoffst. Vergleich dich auch nicht mit anderen Frauen, die schon länger Rennradfahren. Das wird dich zurückwerfen. Konzentiere dich auf dich selbst und dokumentiere deinen Fortschritt – wie hast du dich nach dieser und jener Übungseinheit gefühlt. Am aller wichtigsten ist es aber, dass du den Spaß am Rennradfahren nicht verlierst. Das WARUM einfach nicht vergisst. Ruf es dir selbst ins Gedächnis. Klebe dir Post-Its wohin du willst und motiviere dich selbst damit – WARUM DU DIR DAS ANTUST!
Nach dem Tief kommt das Hoch
Zum Glück ist mittlerweile April und die Sonne und der blaue Himme strahlen um die Wette. Das macht das Training und die Freude am Rennradfahren wieder einfacher. Ich denke uns Radlern geht der Winter einfach früher oder später total auf die Nerven und damit bin ich nicht alleine. Doch es hilft wirklich, auch das Training nicht all zu ernst zu nehmen und sich trotzdem auch Zeit für einen Spaziergang zu nehmen oder einfach mal Yoga zu machen, Musik zu hören und wieder runterzukommen. Es ist nicht unser Beruf es ist einfach unser Hobby. Darum arbeitet nicht immer nach Plan und versucht so euch dem immer drehenden Rädchen zu entgehen. Dann gehts auch wieder bergauf. Wenn also heute die Sonne scheint und am Trainingsplan „Ruhetag“ steht, dann mache ich auch mal diese eine Ausfahrt, nämlich für mich selbst.
Die oben genannten Gefühle waren unteranderem der Grund, warum ich zum RAA-PREP jetzt längere Zeit kein Trainings-Update geschrieben habe. Nicht nur, dass mir die Zeit dazu fehlte – ich konnte mich nicht dazu motivieren etwas niederzuschreiben. Ich wusste selbst nicht woran es lag. Irgendwann ist der Akku einfach leer. Ich merkte nicht, dass ich innerlich sehr gestresst und erschöpft war – aber jetzt weiß ich es und darum wollte ich einfach mal ehrlich sein. Auf Instagram und Social Media wird immer die heile Welt vorgegaukelt, aber das ist es nicht immer, das wissen wir doch alle. Vielleicht hat sich schon die ein oder andere Person bereits ähnlich gefühlt und sieht, dass es auch anderen so gehen kann. Es gibt sicherlich Personen, die noch mehr Stress und Aufgaben zu bewältigen haben. Die vielleicht besser damit umgehen können und abschalten können. Jeder findet hier sicherlich seinen eigenen Weg. Wichtig ist es aber, seine Ziele nicht aus den Augen zu verlieren, definitiv, aber diese auch mit einer gesunden Erwartung zu verfolgen, der Körper wird es euch bestimmt danken! Eure Tini