Leider konnten wir an der Tour de Fesch 2018 aus Urlaubstechnischen Gründen nicht teilnehmen. Lust auf ein Abenteuer Wochenende auf zwei Räder und Gepäck hätten wir definitv gehabt. Die Motivation für ein Bike-Packing Trip steigt Zeit für Zeit immer mehr an. Mit Freunden und Unbekannten Gesichtern durch die schönsten Ecken Österreichs zu fahren klingt reizvoll. Unser Freund Phil von der Trikoterie ist schon ein alter Hase was das Biketouring anbelangt, immerhin veranstaltet er bereits zum vierten Mal die Tour de Fesch. Phil war so lieb und hat sich die Zeit genommen für euch und für uns die diesjährige Tour de Fesch in 3. Akten zu beschreiben. Es ist eine Erfahrung die wir hoffentlich nächstes Jahr auch miterleben können.
Akt 1: Was ist die Tour de Fesch?
Start und Ziel waren klar. Wie schon 2017 geht es von Wien nach Villach, aus Gründen von schöner Strecke, gutem Wetter im Süden und ideal erreichbarer Zugverbindung für die Rückreise. So dachten wir zumindest. Aber alles der Reihe nach. Was ist denn diese Tour de Fesch eigentlich? Die Trikoterie Tour de Fesch ist: eine mehrtägige Gruppenausfahrt mit bekannten und unbekannten Gesichtern, ein gemeinsames Abenteuer mit dem einen oder anderen Bier am Ende eines langen Tages, ein „open call“ an alle Radler und -innen die Lust auf etwas mit ungewissem Ausgang haben.
Die Trikoterie Tour de Fesch ist keineswegs ein Etappenrennen, das möglichst schnell ohne Rücksicht auf Verluste zu absolvieren ist. Es gibt kein Begleitfahrzeug, keine Teilnahmegebühr, kein „Ich fahr vorne weg und ihr seids mir Wurscht“. Die Tour de Fesch ist keine Veranstaltung für Über-Ehrgeizler, no offense 🙂 Wir fahren gemeinsam, der Letzte (aka ich, Philipp von Trikoterie) gibt das Tempo vor. Unser einziges Ziel ist es, vor Küchenschluss in der nächsten Herberge anzukommen.
Die Strecke
2017 haben wir die Strecke in 2 Tagen absolviert, aber eher die Variante direttissima. Sprich Wien – Semmering – Mürztal – owe – Villach – finito. Heuer sollte es, mit 3 Fahr-Tagen, etwas besonderes werden und somit war schnell klar, viel Panorama, ergo viele Höhenmeter und endlich diese Nockalmstraße mitnehmen. Also fiel die Wahl auf Wien – Mariazell – Nationalpark Gesäuse – Admont – Ennstal – Sölkpass – Murau – Nockalmstraße – Villach. 460km, knapp 10.000 Höhenmeter. Bam.
Begleiter und mein Gepäck
Schnell die Strecke in Instagram gepusht um noch ein paar Teilnehmer_innen zu finden, und siehe da – am Ende waren wir eine kleine, aber feine Runde aus drei bekannten und zwei unbekannten Gesichtern, die am Ende der Tour gar nicht mehr so unbekannt waren. Eines war von Anfang an so klar wie das Ziel der Reise: die Notwendigkeit, das Gepäck aufs absolute Minimum zu reduzieren. #packlighttravelfar ist nicht nur ein Hashtag, das Gewicht macht sich eindeutig bemerkbar im Verlauf von drei langen Tagen im Sattel.
Somit haben wir alle auf unsere jeweilige Art und Weise „reduce to the max“ gespielt – mein erprobtes und für gut befundenes System mit einer Satteltasche (danke an dieser Stelle nochmal an Hrn. Michi Knoll fürs Ausborgen <3) wurde heuer um einen Foodbag am Lenker erweitert, um Handy und Akut-Nahrung immer parat zu haben. Drei Trikots, eine Bib, Regenjacke, Gilet, Brille, Helm, Socken, was leichtes zum Umziehen, Futter, Gadgets, Licht, Werkzeug, Schlauch, und die Speedo für den Sprung ins kühlende Nass als optimistisch gedachtes Zusatzgewicht. That’s it. Gesamt-Mehrgewicht am Bike: real wahrscheinlich 5 Kilo, mit 150km in den Beinen den Sölkpass hinauf gefühlte 30 Kilo.
Summa summarum, wir waren gut vorbereitet: Route ausgefuchst – check. Teilnehmer_innen g’stellt – check. Räder präpariert – check. Herbergen gebucht – check. Was konnte da noch schiefgehen? Gar nicht so viel wie man glauben könnte…
Akt 2: Durchhalten
Tag 1: Long story short: Ein Schwimmkurs wäre wohl die beste Vorbereitung gewesen. Treffpunkt an Tag 1 um 8:30 bei Schloss Schönbrunn, alle da, Foto geschossen, los gehts. Die Wettervorhersage war naja, aber nicht grausam schlecht. Oh boy. Raus aus Wien, Richtung Westen, in Purkersdorf fängt es zu regnen an. Egal, Kopf runter, weiter gehts. Kompakt hintereinander fahren ist erstmal nicht mehr, der Spray vom Hinterrad des Vordermanns oder der Vorderfrau machts dann doch zu grausig.
So zieht sich unser bunter Haufen über den Kleinen Semmering weiter Richtung Mariazell – aber irgendwo dazwischen wird es einfach zu viel, Platzregen, panische Suche nach einem Unterstand. Baum? Reicht nicht mehr. Ah, da sind ein paar Häuser – mal probieren. „Dürfen wir uns kurz bei Ihnen unterstellen?“ Fehlanzeige. Also ab in den verlassenen Pferdestall, etwas gruslig, aber trocken. Nur leider sehr sehr kalt – bis auf einmal eine nette Lady auftaucht, die uns die Infrarot-Pferdeheizung aufdreht….herrlich! Wärmen, Sachen trocknen, ein Paradies! Nach 1 1/2 Stunden Rast müssen wir aber doch schauen, dass wir wieder Kilometer machen – also gehts im immer noch knackigen Regen weiter Richtung Kalte Kuchl, wo wir uns mit einem unerwarteten dreigängigen Mittagsmenü stärken.
Und man glaubt es kaum, obwohl wir nicht alle aufgegessen haben, hat es in der Zwischenzeit aufgetrocknet! So geht es weiter über den wunderschönen Ochssattel und einen letzten, nach 120km doch grauslichen Anstieg nach Mariazell. Endlich heiß duschen, essen und früh ins Bett.
Tag 2 beginnt mit einer Niederlage. Es regnet. Again. Egal, wir müssen los. Klatschnass bahnen wir uns den Weg Richtung Nationalpark Gesäuse, wo es langsam aber doch trockener wird – eeeeendlich! Wir genießen die kaum befahrenen Straßen und wagen sogar den einen oder anderen Blick gen Himmel, wo zarte Sonnenstrahlen sich den Weg durch die dichte Wolkendecke bahnen. Nächster Halt: Admont.
Von der zarten Sonne angetrocknet gönnen wir uns einen Eiskaffee und Elisabeth entscheidet sich, mit dem Zug von Liezen nach Murau zu fahren – der Sölkpass klingt zu bedrohlich. Wir lassen uns nicht beirren – weil wir noch nicht wissen, was auf uns zukommt…So geht es mit Sonne und guten Mutes bis ans Ende des Ennstals – und zum Anfang der Sölkpass-Straße, die genau an diesem Samstag zum ersten Mal nach langen Reparaturarbeiten geöffnet hat. Sanft ansteigend geht es bergauf, mit diversen laut hinausgesungenen Ohrwürmern („The Power of Love“ anyone?) radeln wir frohen Mutes unserer finalen Challenge des Tages entgegen. Und auf einmal geht es los.
Serpentinen. Schlechte Straße. Unnachgiebig bis zum Schluss. Wir fluchen. Essen alles was wir finden können. Es wird kalt. Waden brennen, Finger werden klamm. Nach einer gefühlten Stundenlangen Auffahrt – auf der wir mutterseelenallein unterwegs sind – endlich am Gipfel. Was für eine Wand. Für ein Gipfel-Selfie ist es empfindlich zu kalt, im Schutz der kleinen Kapelle werden sämtliche Schichten übergeworfen und wir stürzen uns in die Abfahrt Richtung Murau, Richtung Hotel, Richtung Schnitzel, Richtung Bett. Der erste 200er der Saison hat heuer ordentlich weh getan.
Tag 3 beginnt mit einem bedauerlichen Ausfall – Olly hat Knieschmerzen und fährt mit Elisabeth die Rad/Bahn-Kombi-Variante, somit bleiben drei tapfere Gesellen für die Nockalmstraße. Der Wettergott scheint uns zum ersten Mal gnädig zu sein – trotz müden Beinen ist die Stimmung gut, wir cruisen Richtung Predlitz, Thomatal, Innerkrems. Schon die erste Auffahrt nach Innerkrems verlangt uns alles ab – aber das Bergpanorama entschädigt für alles. Wer die Nockalmstraße kennt, weiß wovon ich schreibe – Gipfel 1, Abfahrt, Gipfel 2, Abfahrt. Ein Traum! Und hier hat auch die Gnade des Wettergottes ein Ende – in Bad Kleinkirchheim, 30km vor dem Ziel „derklatscht“ es uns also doch noch. Wäre ja fast schade gewesen wenn nicht…Zug Abfahrt in Villach um 17:14, pünktlich um 17:10 steht Team 1 am Bahnsteig. Done!
Akt 3: Ausklang
Team 2 hat noch ein paar faule Tage in Kärnten angehängt und sitzt erst am Mittwoch im Zug. Gedanken kreisen, Eindrücke verarbeiten. Gut, das Wetter war heuer leider nicht auf unserer Seite, abgesehen davon war es traumhaft. Abenteuerlich. Wunderschön. Mein Entschluss, die Tour de Fesch 2019 nicht mehr zu organisieren, wird sofort verworfen. Es gibt noch viel zu entdecken! Schon arg, als ich vor mittlerweile 4 Jahren zum ersten Mal auf einem Rennrad gesessen bin wäre so etwas für mich unvorstellbar gewesen.
Auch sonst fahre ich seltenst zwei aufeinander folgende Tage Rad. Und ja, es tut weh. Tag 2 war noch vergleichsweise aushaltbar, aber an Tag 3 fragt man sich schon die meiste Zeit was zur Hölle man da eigentlich macht. Der Respekt für alle Long-Distance-Rennen wächst. Transcontinental, Three Peaks and the likes – wie soll das gehen? Aber reizvoll wäre es auf jeden Fall. Zwei Wochen danach beginne ich wieder „auf normal“ zu fahren, da merkt man schon, dass der Körper außerordentlich belastet wurde. Aber der Reiz, die Lust nach Abenteuer ist einfach stärker – und somit bleibt nur eine Frage: wohin geht es 2019, und wer kommt aller mit?